Fahrradsattel
Der Fahrradsattel hat die Aufgabe, Fahrradfahrern auf dem Fahrrad Halt zu geben und ihm das Sitzen in verschiedenen Positionen zu ermöglichen. Die Form des Fahrradsattels hängt vom Verwendungszweck, von körperlichen Merkmalen und damit bei den meisten Sätteln vom Geschlecht ab.
Bei Liegerädern wird durch die üblicherweise rückwärts geneigt sitzende oder liegende Position kein Sattel verwendet, sondern es wird ein Fahrradsitz montiert.
Tourenrad
Da von Gelegenheitsradlern eine weiche Federung im Zusammenhang mit einer großen Sitzfläche als komfortabel angesehen wird, wundert es nicht , dass mehr als die Hälfte aller Radfahrer unter Sitzbeschwerden leidet. Diese breiten Sättel, auf denen man aufrecht sitzt, sind nur für kurze Fahrten geeignet. Bei dieser Sitzposition ruht fast das ganze Körpergewicht auf dem Sattel. Je sportlicher die Sitzposition ist (nach vorn gebeugt), umso mehr übernehmen auch die Arme einen Teil des Körpergewichts. Auf dem Sattel selbst verlagert sich das Gewicht von den Sitzhöckern nach vorn, so dass auch die Schambeinknochen einen Teil des Gewichtes übernehmen und auf dem Sattel absetzen. Hier kann man mit breiten Sattelkonstruktionen nicht mehr fahren, weil man sich nach wenigen Kilometern das Gesäß aufreibt und die Durchblutung im Bereich der Dammnaht unterbunden wird. Deshalb gibt es die Sättel mit der Rinne oder Ritze, in neuerer Zeit auch einen sogenannten Stufensattel. Vorlage:Clear
Rennrad/Reiserad
Rennräder und die meisten Reiseräder haben ungefederte und sehr schmale Sattelformen. Während sich bei Rennrädern aus Gewichtsgründen Titangestelle mit Kunststoffschale und Lederüberzug weitgehend durchgesetzt haben, besitzen Reiseräder oft einen Sattel aus Kernleder.
Einige Jahrzehnte lang fuhren fast alle Profis das Modell Professional der englischen Firma Brooks. Vorlage:Clear
Ergonomie
Sattelformen
In den vergangenen Jahren wurden mehrere ergonomische Sattelformen für unterschiedliche Zwecke entwickelt. So gibt es spezielle Konstruktionen mit Vertiefungen in der Mitte, die von der Industrie ursprünglich für Frauen konstruiert wurden, aber auch von Männern als angenehm empfunden werden. Andere Modelle haben in der Mitte besonders dicke Gelpolster. Als treibende Kraft im Bereich der Gelsättel gelten hier insbesondere die Sättel der Marke „LOOKIN“ (siehe Bild) des Marktführers Selle Royal (Italien).
Durch das Sitzen auf dem „normalen“ Sattel werden angeblich Nerven und Blutgefäße in der Dammregion abgedrückt. Einige Mediziner raten zu runden Sätteln ohne den üblichen vorspringenden vorderen Teil („Nase“), diese haben jedoch nie größere Verbreitung gefunden, da man keinen Seitenhalt hat und die Kontrolle über das Fahrrad bei Kurvenfahrt verliert. Ohne Sattelnase fehlt der Seitenhalt beim Fahrradfahren, ein sicheres Lenken ist nicht mehr möglich. Da man diese sattel nur aufrecht sitzend fahren kann, fehlt zudem Last auf dem Lenker, das Vorderrad neigt zum Flattern.
Bei der nasenlosen Form ist die Sitzfläche vergrößert, bei einigen Sätteln, zum Beispiel beim EasySeat II kann man den Abstand der beiden Sitzflächen und den Neigungswinkel des Sattels einstellen. Durch die Möglichkeit der Anpassung der Breite ist dieser Sattel geschlechtsneutral, also für Männer und Frauen gleichermaßen geeignet. Allerdings hat man keinen Seitenhalt mehr, was ein sicheres fahren nahezu unmöglich macht. Aus genannten Gründen sind nasenlose Sattel sehr gut für Hometrainer geeignet, ans Fahrrad gehören sie jedoch nicht.
Die immer wieder propagierten Ergosattel spielen wirtschaftlich keine Rolle, es wurde auch niemals ein ernstzunehmender Nachweis erbracht, daß Radfahren die Potenz beeinflußt bzw. für ähnliche Behauptungen.
Ein Frauensattel ist breiter als ein Männersattel. Deshalb sind Frauensättel teilweise auch für Männer besser geeignet, die einen breiteren Körperbau haben.
Justage
Wichtig ist bei allen Sätteln die richtige Justierung. Dabei können kleine Änderungen bereits entscheiden. Die Justiermöglichkeiten sind bei den einzelnen Sattelausführungen unterschiedlich und man muss sie im Zusammenhang mit der Sattelstütze betrachten. Justage ist bei fast allen Rädern in vertikaler Richtung möglich. Auch ein Drehen um die Achse (Verändern des Sitzwinkels) ist bei fast allen Sätteln möglich. Eine Justage in horizontaler Richtung ist nur bei der Patentsattelstütze, nicht aber bei der klassischen Sattelstütze möglich. Eine Justage der Sattelbreite ist nur bei wenigen Modellen möglich. Man sollte deshalb schon beim Kauf auf die richtige Breite entsprechend der Sitzknochen und des Verwendungszweckes achten.
Den Körpermaßen angepasste Sättel
Die Gesellschaft für Biomechanik aus Münster hat den „gebioMized seat“, den ersten maßgefertigten Sattel entwickelt. Dabei wird durch eine Druckverteilungsmessung auf dem Sattel die dynamische Sitzbelastung des Fahrers gemessen. Anhand der ermittelten Ergebnisse konstruieren die Wissenschaftler der GeBioM über ein CAD/CAM einen individuellen Sattel nach Maß. Der Druck verteilt sich so über eine größere Sitzfläche und entlastet die empfindlichen Regionen des Körpers. Das Konzept ist in Zusammenarbeit mit Orthopäden und der Universität Münster entstanden. Vorlage:Clear
Kernleder
Sättel aus Kernleder werden vielfach als besonders komfortabel wahrgenommen, weil sich das Leder im Laufe der Zeit dem Körper des Fahrers anpasst. Die Bequemlichkeit dieser Sättel ist aber mit vielen Nachteilen verbunden, sie verlangen viel Pflege, sind feuchtigkeitsempfindlich, teuer und viel schwerer als moderne Sättel. Ein Ledersattel sollte nicht dem Regen ausgesetzt werden; das Sattelfett, welches zweimal pro Jahr von oben aufgetragen werden sollte, verhindert ein Durchnässen nur bedingt. Beim Fahren im Regen und ohne Schutzbleche sollte der Sattel auch geringfügig von unten eingefettet werden. Mittels eines speziellen Schlüssels kann die Vorspannung des Sattelleders eingestellt werden. Deshalb wird ein Ledersattel im Laufe der Zeit immer länger.
Traditionshersteller und Marktführer für Kernledersättel ist die Firma Brooks.
Werkzeugtasche
In früheren Jahren war bei vielen Rädern standardmäßig eine Werkzeugtasche mit einem Reparaturset hinten am Sattel angebracht. Heute ist das bei neuen Rädern eher selten.