Technische Einschätzung

Aus Fahrradmonteur
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Technische Einschätzung

Ursprungszeichnung; Kontraste verstärkt; Tonwerte leicht korrigiert und Abschattungen etwas beseitigt

Auf der Skizze sind alle Elemente enthalten, die heute als wichtig für ein Fahrrad empfunden werden. Allerdings macht die Skizze den Eindruck, daß sie von jemandem angefertigt wurde, der sich mit der Funktionsweise eines Fahrrades nur ungenügend auskennt. Selbst zu Lebzeiten von da Vinci waren physikalische und vor allem geometrische Gesetze bekannt, die das dargestellte Gefährt ohne Not einfach nicht einhält. Es ist äußerst unglaubwürdig, daß der exzellente Mathematiker da Vinci, der tiefgehende Kenntnisse in Geometrie hatte, solche Anfängerfehler begangen hätte.

Rahmen

Daß Dreiecke Stabilität bewirken, war da Vinci bekannt. Die hier angedeutete Rahmenform ist jedoch so labil, daß sie selbst mit modernsten Baustoffen heute kaum realisierbar wäre. Es ist nicht erklärlich, warum dieser Entwurf unlenkbar gezeichnet wurde. Lenkungen an Kutschen waren schon sehr lange bekannt, eine Adaption des Vierradsystema auf zwei Räder wäre denk- und sogar baubar gewesen. Eine schlichte Verlängerung des Vorbaus in Richtung Tretlager hätte einen Rahmen geschaffen, der lenkbar wäre und im Prinzip heutigen Damenrahmen ähneln würde. Es ist unwahrscheinlich, daß dies dem Genie da Vinci nicht aufgefallen wäre.

Kette und Antrieb

Leonardo da Vinci hat mehrmals in anderen Skizzen so etwas Ähnliches wie Blockketten angedeutet. So ungenau diese Skizze auch ist, auf ihr werden keine Elemente einer Blockkette dargestellt, es ist vielmehr eine der heute üblichen Fahrradketten erkennbar, deren Bauart aber erst lange nach da Vinci erfunden wurde. Während bei Kettenblatt und Zahnkranz Zähne angedeutet sind, sogar über den gesamten Durchmesser, ist bei der "Kette" nichts dergleichen zu erkennen. Theoretisch könnte das ein gedeckter Zahnriemenantrieb sein, das ist jedoch noch viel unwahrscheinlicher als das Ganze ohnehin schon ist. Gummi war damals in Europa noch nicht bekannt. Der Kettenverlauf entspricht auch dem, was man in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts als üblich am Fahrrad empfand, also nach hinten verjüngt. Dafür ist der Zahnkranz aber einfach viel zu groß.

Laufräder

Die Speichen im Vorderrad entsprechen der damals vorherrschenden Bauweise mit Holzspeichen an Wagenrädern, auf Zug belastete Metallspeichen kannte man noch nicht. Die Felgen sind jedoch viel zu dünn dargestellt, eine Verbindung zwischen Speichen und Felge hätten nicht ordentlich ausgeführt werden können. An beiden Rädern ist ein Metallreifen angedeutet, dies ist wiederum glaubhaft. Die Dimensionierung der Felgen ist jedoch nicht ausreichend, um Stahlreifen sicher befestigen zu können. Beim Hinterrad sind zudem die Speichen viel zu dünn dargestellt. Dies sind logische Fehler grundlegender Natur, die den Urheber da Vinci unglaubhaft erscheinen lassen.

Tretlager

Die Pedalarme sind viel zu lang, sie würden nicht drehbar sein, weil der Boden im Weg ist. Die winklige Anordnung ist unklar, sie scheint einem Piktogramm des 20. Jahrhunderts entnommen zu sein. Die Pedalarme passen proportional und farblich nicht zur Zeichnung, sie sind technisch weit weniger durchdacht als der Rest der Skizze. Sie erscheinen wie später von einem Unkundigen hinzugefügt.

Eine Linie zwischen den Unterkanten der Laufräder ist noch erkennbar, wenn auch schwach. Diese Linie macht die Unmöglichkeit der Pedalanordnung bzw. -größe deutlich und müßte dem Zeichner aufgefallen sein.