Tristesse

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Die Tristesse bezeichnet ein Gefühl der Traurigkeit, der Trübseligkeit, des Jammers oder vor allem der Ödnis. Sie kann sowohl zur Beschreibung von Emotionen oder Stimmungen, als auch zur Bezeichnung von Zuständen, Dingen oder Orten verwendet werden. In diesem Fall drückt der Begriff häufig Langeweile, Geistlosigkeit oder Mangel an Abwechslung aus.

Häufiger als das Subjektiv wird das Adjektiv trist verwendet. Der Begriff wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Studentenkreise aus dem französischem: „triste“ entlehnt. In der ersten Zeit, nach der Übernahme des französischen Fremdworts findet sich desöfteren dessen end-e auch in der deutschen Sprache. Das gesamte Wortfeld gilt als negativ konnotiert.

Im 20. Jahrhundert ging das Adjektiv trist fest in den deutschen Wortschatz über, wohingegen das Substantiv Tristese immer noch klar als Fremdwort erkennbar ist und fast ausschließlich in akademischen Kreisen und nur selten verwendet wird.

Literatur

In der Literatur finden sich die ersten Verwendungen Anfang des 18. Jahrhunderts bei Franz von Gaudy: „Tage und Wochen vergingen langweilig und triste bei Viertelsportionen.“, [1] oder bei Christian Dietrich Grabbe: „Oh, so musz ich den dicken Konrad holen, denn er ist wieder erschrecklich triste geworden, seitdem man die alte Chaussee ausbessert.“ [2] Zu dieser Zeit war die Verwendung des Begriffs in der Literatur aber noch selten, er war leicht als Fremdwort zu erkennen und in seinem Bedeutungsgehalt unscharf und schillernd.

Johann Wolfgang von Goethe verwendet den Ausdruck zur gleichen Zeit mehrmals. So findet er sich in der Italienischen Reise, aus den Jahren 1786-1788: „der Kafee, der mir eine ganz eigne triste Stimmung gab.“[3] oder auch in den Maximen und Reflexionen: „... aber es geht doch durch alles etwas tristes hindurch, das einen gewissen gedrückten Zustand andeutet und den Leser, wo nicht niederzieht, doch gewisz nicht erhebt.“[4]

Auch Heinrich Heine verwendet den Terminus: „Nie hat eines Menschen Wort einen tristeren und schmerzlicheren Eindruck auf mich gemacht.“[5]. Auch bei Pückler[6], Schlechtendal[7], Fontane[8] und Jean Paul[9] findet sich die Tristesse.

In der französischen Sprache, der der Begriff ja auch entlehnt ist wird der Begriff wesentlich häufiger verwendet aus im Deutschen. Françoise Sagan nannte einen ihrer Romane Bonjour tristesse, der dann auch 2002 von Arthur Laurents verfilmt wurde.

Gottfried Benn nannte eines seiner bekannten Gedichte Tristesse, dort heißt es im letzten Absatz, der das Gefühl der Tristesse eindrucksvoll beschreibt:

Und dann November, Einsamkeit, Tristesse,
Grab oder Stock, der den Gelähmten trägt –
die Himmel segnen nicht, nur die Zypresse
der Trauerbaum, steht groß und unbewegt.[10]

Malerei

In der Malerei spielt das Gefühl der Tristesse vor allem in der Landschaftsmalerei eine große Rolle. Hier kann mit grauen, braunen oder erdigen Tönen, oder mit tiefhängenden, schweren Himmeln leicht eine triste Stimmung erzeugt werden.[11]

Beliebt war dieses Motiv in der Niederländischen Landschaftsmalerei des späten 17. Jahrhunderts, vor allem Jacob van Ruisdael und Jan van Goyen malen in dieser Zeit oft düstere und schwermütig wirkende Landschaften mit dramatischen Wolkenformationen, absterbenden Bäumen und sich herabstürzenden Wasserfällen. Diese Bilder werden zu Ausdrucksträgern subjektiver Empfindung und des Gefühls der Tristesse. Da zu dieser Zeit die Melancholie, wenn auch schon seit dem Humanismus als „Modekrankheit“ galt, wurden die Bilder durch die Romantiker sehr wertgeschätzt.

Etymologie

Tristesse ist ein Lehnwort aus dem französischen und wird in Deutschland seit Ende des 18. Jahrhunderts verwendet. Im Französischen ist das Wort bedeutend älter und findet sich in vielen alten Schriften, die älteste erhaltene französischsprachige Schrift ist von Wace und stammt ungefähr aus dem Jahr 1145 in seinem Werk La conception de Notre Dame.[12], überliefert ist der Begriff auch aus dem Roman de Troie von Bénoît de Sainte-Maure aus dem 12. Jahrhundert.[13]. Beispiele für Wortverwendungen im 17. Jahrhundert finden sich unter anderen bei Nicolas Boileau (1683)[14] oder Randle Cotgrave (1611) [15]. Ein Beispiel für eine Verwendung im späten 19. Jahrhundert ist exemplarisch bei Léon Cladel in seinen Ompdrailles, le Tombeau-des-Lutteurs aus dem Jahr 1879 zu finden.[16].

In den anderen stark vom französischen beeinflussten Dialekten ist der Terminus stets ähnlich, so wird aus dem französischen triste in der wallonischen Sprache: triss und im Provenzalischen: trist oder triste. Auch in anderen romanische Sprachen bleibt der Wortstamm erhalten, Beispiele seien das italienische: tristo und das spanische: triste.[17]

Gemeinsame Wurzel ist aber in jedem Fall das lateinische: tristis, das verschiedene Bedeutungen hatte, im Gebrauch mit fatum (das Schicksal), morbus (der Tod), oder bellum (der Krieg) lässt es sich als „unglücksverheißed, trauerbringend, unheilvoll oder gefährlich“ übersetzen. In der Verwendung bei senex (das Alter) oder vita (das Leben) wird es jedoch häufig als „unfreundlich, ernst oder streng“ aufgefasst. Bei Charon von Lampsakos findet sich tristis auch bei vultus (die Miene) oder navita (der Seemann) in der Bedeutung „grimmig, hart oder finster“. In Verbindung mit sapor (der Geschmack) kann es aber auch mit „bitter, herb oder widerlich“ übersetzt werden. Mit amici (der Freund) heißt es schließlich „traurig“. Das zugehörige Sustantiv tristitia wird vor allem in dieser Bedeutung: „die Traurigkeit“ verwendet.[18]

Einzelnachweise

  1. ↑ Franz von Gaudy: Sämtliche Werke, Band 2.Berlin 1844. Seite 149
  2. ↑ Christian Dietrich Grabbe: Werke, Band 1. Seite 404
  3. ↑ Johann Wolfgang von Goethe: Werke, Band 27. Seite 185
  4. ↑ Johann Wolfgang von Goethe: Werke, Band 21. Seite 100
  5. ↑ Heinrich Heine: Stelle kommt noch.
  6. ↑ Hermann von Pückler-Muskau: Stelle kommt noch.
  7. ↑ Diederich Franz Leonhard von Schlechtendal: Stelle kommt noch.
  8. ↑ Theodor Fontane: Stelle kommt noch.
  9. ↑ Jean Paul: Stelle kommt noch.
  10. ↑ Gottfried Benn: Tristesse in Sämtliche Gedichte. Klett-Cotta, Stuttgart 1998. ISBN 3608934499 Seite 316
  11. ↑ Georg Jakob Wolf: Joseph Schmid-Fichtelbergs Landschaften in Die Kunst, Monatshefte für freie und angewandte Kunst XXXXI. F. Brickmann A.-G. München 1920. Seite 104
  12. ↑ Wace: 'La conception de Notre Dame. Herausgeber W. R. Ashford. University of Chicago, 1933 Seite 469
  13. ↑ Bénoît de Sainte-Maure: Roman de Troie Hrsg. L. Constans, Paris, Firmin Didot, 1904. Seite 5260
  14. ↑ Nicolas Boileau: Le Lutrin in Hrsg. Ch.-H. Boudhors Odes 2. Aufl. Paris 1960. Seite 165
  15. ↑ Randle Cotgrave: A Dictionarie French and English : published for the benefite of the studious in that language
  16. ↑ Léon Cladel: Ompdrailles, le Tombeau-des-Lutteurs, P., A. Cinqualbre, 1879 Seite 103
  17. ↑ francois.gannaz.free.fr
  18. ↑ J. M. Stowasser, M. Petschenig und F. Skutsch: Stowasser, Lateinisch - deutsches Schulwörterbuch. Wien, Auflage 1994, Seiten 524f

Quellen

  • Verzamelde Brieven van Vincent van Gogh, hg. Vincent Willem van Gogh, Wereld-Bibiotheek, Amsterdam & Antwerpen, 1953, Neuauflage 1974; engl. The Complete Letters of Vincent van Gogh. Little, Brown & Co. 1958, 1978; franz. Correspondence... 1960; dt. Vincent van Gogh. Sämtliche Briefe, hg. Fritz Erpel & übers. Eva Schumann. Henschel-Verlag, Berlin (DDR) 1965 & 1968, Neuauflage: Lamuv Verlag, Frankfurt am Main, 1985