Reifenbreite und Rollwiderstand: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 15. Juni 2013, 11:21 Uhr
Inhalt
Ein hartnäckiges Gerücht
Im Internet kursiert ein Gerücht: der Rollwiderstand von Fahrradreifen sei bei breiten Reifen geringer als bei schmalen. Das ist Nonsens, diese Seite soll darüber aufklären, was dahintersteckt und warum das nur Quatsch sein kann. – Die aktuellen Forschungsergebnisse zum Thema findet man hier: https://www.renehersecycles.com/12-myths-in-cycling-1-wider-tires-are-slower/ und hier: https://www.renehersecycles.com/the-science-behind-the-tire-pressure-calculator/ Was zählt, ist auf der Straße, nicht auf der Stahlrolle im Labor. Man muss das Gesamtsystem Fahrrad-Mensch untersuchen.
Da kommt jetzt also für Fahrräder das gleiche Marketinggeschwätz wie bei Autos. Breite Reifen werden als schick angepriesen, nun muß noch ein technisches Argument her. Autos in der Formel 1 fahren ja auch ewig breite Schlappen, sportlich getrimmte PKW ebenfalls. Daß die Rollreibung bei denen vernachlässigbar ist, weil sie ja nicht mit menschlicher Muskelkraft angetrieben werden, das wird erstmal verschwiegen.
Dieses Gerücht ist zusammen mit der Einführung der überbreiten Reifen entstanden, die (ebenfalls als Marketingmaßnahme) die Bezeichnung 29" erhalten haben. Diese "29Zöller" sind nichts weiter als dickere Versionen normaler Reifen. Und eben diese dicken Reifen sollen nun per Herstellerfeststellung nicht nur ebenbürtig sein sondern eine geringere Reibung aufweisen als dünne Exemplare :-)
Ursprung ist eine Behauptung des Reifenherstellers Schwalbe,
- Schwalbe Homepage 1
- „Warum rollen breite Reifen leichter als schmale?“.
Diese Aussage ist nur so lange wahr, wie breite und schmale Reifen mit gleichem Luftdruck betrieben werden. Dies ist jedoch niemals der Fall, wie weiter unten ausführlicher mittels Aussagen von Christian Smolik und Sheldon Brown dargelegt wird.
Das Ganze ist nichts weiter als eine Marketingmaßnahme der Firma Schwalbe! Dicke Reifen haben – auf ebener Fläche – nur dann einen kleineren Rollwiderstand, wenn sie den gleichen Reifeninnendruck wie dünne Reifen aufweisen. Ein Schlauchreifen ist jedoch mit 2 Bar nicht fahrbar, ein Big Apple verträgt keine 8 Bar, der platzt vorher. Die oben genannte Aussage ist wertlos, wenn man in einer Stadt ohne Kopfsteinpflaster und andere Unebenheiten fährt.
Schwalbe selbst relativiert die Aussage an anderer Stelle,
- Schwalbe Homepage 2
- Breite Reifen rollen nur bei gleichem Luftdruck leichter. Schmale Reifen kann man aber mit einem höheren Luftdruck betreiben als breite.
Nur bis dort hin lesen die meisten nicht, sie merken sich nur, dass die dicken Dinger besser wären als dünne. Prima eingefädelt, keine direkte Falschaussage aber trotzdem Konsumentenverdummung.
Schwalbe sagt somit selbst, was los ist - man muß es nur lesen.
Unter der Annahme eines Reifens, der zylindrisch ist, kann man über die sogenannte "Kessel(druck)formel" zeigen, dass Durchmesser des Zylinders (=Reifenbreite) multipliziert mit dem Reifendruck eine Konstante sein sollte. Dann erhält man in erster Näherung die gleiche Federhärte des Reifens, wenn man annimmt, dass sich der Reifenquerschnitt zur Ellipse verformt.
Weiterhin ist zur besagten Veröffentlichung von Schwalbe zu erwähnen, dass sie in dieser den Mantel ausserhalb ihrer eigenen Spezifikationen betreiben- der Reifendruck ist höher als zulässig. Das schadet dem Mantel nicht, aber es kann die Felge durch Aufbiegen zerstören. Die Kräfte kann man wiederum mit der Kesseldruckformel (vgl. Wikipedia) berechnen.
Der Rollwiderstand eines Reifens ist eben massgeblich durch die Walkarbeit gegeben und hier spielt die Feinheit der Karkasse die entscheidende Rolle. Hiefür existiert auch ein Maß tpi (treads per inch, Fäden pro Zoll). Hier gilt für den Rollwiderstand "je höher, desto besser", wobei die Karkasse dadurch immer empfindlicher wird und man greift dann zu Pannenverhinderungsmaßnahmen, bei denen eine Lage zwischen Gummi und Karkasse eingebettet wird. Diese Lage "kostet" dann wieder Rollwiderstand.
Hintergründe
Grundlagen
Rein physikalisch ist die Aussage sogar beweisbar, allerdings nur theoretisch. In der Praxis siehts dann anders aus.[1]
Der Rollwiderstand ist die Kraft, die beim Abrollen eines Rades entsteht und der Bewegung entgegen gerichtet ist. Der Rollwiderstand ist etwa proportional zur Normalkraft. Als Kennwert wird der Rollwiderstandskoeffizient cR gebildet. Die Konstante cR hängt neben der Materialpaarung von der Geometrie ab. Bei Luftreifen ist der Koeffizient stark vom Innendruck abhängig. Die Rollreibung verhält sich antiproportional zum Reifeninnendruck[2]. Der absolute Beitrag der Rollreibung der Reifen zur Gesamtreibung bei normalen Geschwindigkeiten (< 4 m/s) ist wesentlich geringer als der des Luftwiderstandes von Fahrrad und Fahrer. Der Luftinnendruck wiederum ist wesentlich einflussreicher als Materialmischung, Gewebeart oder Reifenbreite.
Christian Smolik[3]
Der Rollwiderstand sinkt mit steigendem Luftdruck, da er den Reifenwulst [...] verkleinert
- Walkwiderstand
Beim Abrollen von Luftreifen auf der Fahrbahn plattet sich der Reifen ab. Seitlich bildet sich ein Wulst, der sich im Kontakt mit der Fahrbahn ständig auf- und abbaut. Das stellt eine ständige Walkarbeit dar, die mit Reibungsverlusten verbunden ist. Bei höherem Luftdruck drückt sich der Reifen weniger stark ein, Wulst und Walkarbeit reduzieren sich.
- Abrollwiderstand
Auch vor dem Reifen bildet sich ein Wulst [...], der den Aufstandspunkt des Reifens leicht nach vorne verlagert. Das Rad muß also ständig über seinen Wulst abrollen, der eine kleine Kippkante darstellt. [...] Der "Rollwiderstandsbeiwert" [...] hat für normale Fahrradbereifung bei 28-Zoll-Laufrädern und 4 bar Luftdruck einen Wert von etwa 0,01, der sich bei guten Rennreifen (Continental "Olympic) und 8-9 bar Luftdruck auf etwa 0.002 reduziert.
Sheldon Brown[4]
Zitat (englisch) | deutsche Übersetzung |
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In practice, riding surfaces aren't perfectly smooth, and overinflation actually increases rolling resistance, due to vibration. | In der Praxis ist die Fahrbahn nie perfekt glatt. Vibrationen durch zu harte Reifen erzeugen Rollwiderstand. |
Tire width and pressure are inextricably linked. It is a serious mistake to consider one independently of the other. Generally, wider tires call for lower pressures, narrower tires call for higher pressures. | Reifenbreite und Druck sind untrennbar miteinander verbunden, es ist ein schwerwiegender Fehler, sie separat zu betrachten. Breite Reifen erfordern generell einen niedrigeren Innendruck, schmale Reifen einen höheren Druck. |
So, a wider a tire would ride harder, and need stronger fabric, if inflated to the same pressure. | Ein breiterer Reifen fährt sich härter und bräuchte ein festeres Gewebe, wenn er mit dem gleichen Druck wie ein dünner aufgeblasen wäre. |
Logik
- Warum benutzen Leistungssportler dünne Reifen, wenn doch dickere weniger Widerstand bieten sollen? Antwort: Das geringere Gewicht schmaler Reifen macht bei einem leichten Rennrad viel aus. Bei einem Touren oder Stadtrad mit schwerem Einkauf oder Anhänger ist der Gewichtsanteil der Reifen gering.
- Wieso ist man mit dem Rennrad (auf ebener Straße) schneller als mit dem Mountainbike? Antwort: Aerodynamische Sitzposition, geringere Rollreibung aufgrund der hart aufgepumpten Reifen, geringere Profiltiefe der Reifen bewirkt geringeren Rollwiderstand.
- Dicke Reifen haben auch dickeren Gummi und damit mehr Walkarbeit.
- (Je breiter ein Reifen umso mehr Traktion hat man, dies wandelt Muskelenergie in Bewegungsenergie um – man rutscht weniger. Traktion bedeutet mehr Haftreibung! Hat nichts mit Rollreibung zu tun.)
- Schmale Reifen haben meist härtere Gummimischungen (um den sonst schnelleren Verschleiß zu kompensieren). Weicher Gummi jedoch hat höhere Reibungswerte – könnte man meinen. Jedoch ist es umgekehrt, denn weicherer Gummi bietet weniger Widerstand gegen Verformung.
- Der Widerstand eines Fahrrades ist massgeblich durch Reifen und Speichenanzahl und -form beeinflusst. Die Aerodynamische Form des Rahmens beispielsweise hat sicher einen Einfluss, der aber eher im einstelligen Prozentbereich zu Buche schlägt. MTBs haben i.A. Laufräder, die mehr Speichen haben. Die oberen Speichen laufen mit doppelter Fahrgeschwindigkeit entgegen dem Wind. Die benötigte Leistung für den Luftwiderstand steigt mit der 3. Potenz. MTB-LAufräder gibt es nur wenige mit wenig Speichen. Reduziert man die Speichenzahl bei MTBs, nimmt Aerospeichen und fährt mit Slicks (Beispielsweise Schwalbe Durano oder Conti Speed Contact), dann nimmt die Differenz zwischen MTB und Rennrad stark ab.
- Breite Reifen sind deutlich schwerer. So bringt einer mit 60 mm (~2,3 Zoll) i.A 600-800g auf die Waage, ein 23er ist mit 200 g zu haben. Und dann muss man das Schlauchgewicht addieren. Das sind gut 1,5 Kilo Mehrgewicht beim MTB, die bewegt und in Rotation versetzt werden müssen. Weiterhin haben MTB-Reifen auch andere Anforderungen als Rennradreifen.,
Weiterführende Links
Fußnoten
- ↑ WikiPedalia zum Thema Breite und Druck
- ↑ Rollwiderstand des Fahrrads, Experiment zur Bestimmung des Einflusses von Reifendruck und -typ auf den Rollwiderstand des Fahrrads, Westfälische Wilhelms-Universität Fachbereich 11: Didaktik der Physik Wintersemester 2006/2007
- ↑ Smolik Velotech: ROLLWIDERSTAND
- ↑ Bicycle Tires and Tubes, Rolling Resistance
Weblinks
- WDR Fernsehen: Quarks & Co. Abenteuer Fahrrad
- Die Fahrwiderstände in Formeln von Rainer Pivit
- Vergleiche von Fahrradkonzepten zur widerstandsarmen Fortbewegung von Olaf Schultz
- Mythen der Fahrradtechnik: Breite Reifen rollen leichter als schmale von Radambulanz.de