Wundersattel

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Es gibt immer wieder Hersteller, die versprechen mit ihren Wundersatteln, daß mit denen alle Probleme beim Radfahren verschwinden. Da erscheinen mit schöner Regelmäßigkeit Sattel, die "ergonomisch" genannt werden, welche mit dicken Vertiefungen in der Mitte oder gar ohne Sattelnase. Glaubt nicht an solchen Werbeschmarrn! Da werden Märchen erzählt von Ärzten, die sowas verordnen oder die das Fahren mit normalen Satteln verbieten, da werden irgendwelche Studien vorgelegt, die irgendwas beweisen sollen. Die Praxis widerlegt das allerdings sehr schnell und glücklicherweise finden solche Produkte auch fast keine Käufer. Bewertungen in Internetforen sprechen eine klare Sprache, es lohnt, sowas mal zu ergooglen.
 
Es gibt immer wieder Hersteller, die versprechen mit ihren Wundersatteln, daß mit denen alle Probleme beim Radfahren verschwinden. Da erscheinen mit schöner Regelmäßigkeit Sattel, die "ergonomisch" genannt werden, welche mit dicken Vertiefungen in der Mitte oder gar ohne Sattelnase. Glaubt nicht an solchen Werbeschmarrn! Da werden Märchen erzählt von Ärzten, die sowas verordnen oder die das Fahren mit normalen Satteln verbieten, da werden irgendwelche Studien vorgelegt, die irgendwas beweisen sollen. Die Praxis widerlegt das allerdings sehr schnell und glücklicherweise finden solche Produkte auch fast keine Käufer. Bewertungen in Internetforen sprechen eine klare Sprache, es lohnt, sowas mal zu ergooglen.
 
* <u>Sattel ohne Nase sind gefährlich</u>, weil die Seitenführung fehlt. Man kann nicht mehr geradeaus fahren. Sowas ist nicht nur Menschenverdummung, solche Sattel gehören als lebensgefährlich eigentlich verboten<ref>[http://www.adfc-nrw.de/kreisverbaende/kv-bielefeld/adfc-bielefeld/bielefelder-radnachrichten/ausgabe-32000/warnung-vor-grobem-unfug.html ADFC Bielefeld]: „...verminderten Seitenführung durch die Oberschenkel, einem schwammigen Sitzgefühl gerade bei Kurvenfahrten und damit zu einer verminderten Verkehrssicherheit des Rades.“</ref>
 
* <u>Sattel ohne Nase sind gefährlich</u>, weil die Seitenführung fehlt. Man kann nicht mehr geradeaus fahren. Sowas ist nicht nur Menschenverdummung, solche Sattel gehören als lebensgefährlich eigentlich verboten<ref>[http://www.adfc-nrw.de/kreisverbaende/kv-bielefeld/adfc-bielefeld/bielefelder-radnachrichten/ausgabe-32000/warnung-vor-grobem-unfug.html ADFC Bielefeld]: „...verminderten Seitenführung durch die Oberschenkel, einem schwammigen Sitzgefühl gerade bei Kurvenfahrten und damit zu einer verminderten Verkehrssicherheit des Rades.“</ref>
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* In Kurvenfahrt ist Fliehkraft F<sub>F</sub> identisch mit der Zentripetalkraft F<sub>N</sub>, der Kraftangriffspunk S ist der Schwerpunkt des Systems Fahrrad + Radfahrer, welcher in Höhe des Sattels liegt. Fliehkraft und Zentripetalkraft wirken entgegengesetzt und erreichen bei einem Musterradfahrer bei 36 km/h und einem Kurvenradius von 20 Metern sowie der Masse des Fahrers von 80 kg ca. 400 N, was wiederum einer vergleichbaren Gewichtskraft von 40,8 kg entspricht.<ref>Michael Gressmann: Fahrradphysik und Biomechanik, 11. Auflage 2010 Verlag Delius Klasing, ISBN 978-3-7688-5222-7, Seiten 85ff</ref> Im Schwepunkt S greifen ebenfalls die rechts- und linksdrehenden Momente nach Bild 76 (s. Quelle) an. Eine Vertikalkraft von 400 N ist unmöglich alleiun durch Reibung aufzubringen, diese wird von der Sattelnase aufgenommen.
 
* <u>Der spezifische Druck steigt an</u>, wenn Material in der Mitte fehlt (sogenannte „Lochsattel“). Je mehr Material in der Mitte fehlt, umso kleiner ist die Fläche des Allerwertesten, die die Gesamtmasse des Oberkörpers aufnehmen muß.<ref>[http://fahrradzukunft.de/11/kern-des-ledersattels/ Der Kern des Ledersattels]</ref>
 
* <u>Der spezifische Druck steigt an</u>, wenn Material in der Mitte fehlt (sogenannte „Lochsattel“). Je mehr Material in der Mitte fehlt, umso kleiner ist die Fläche des Allerwertesten, die die Gesamtmasse des Oberkörpers aufnehmen muß.<ref>[http://fahrradzukunft.de/11/kern-des-ledersattels/ Der Kern des Ledersattels]</ref>
 
* <u>Sattel sind oft zu weich, deshalb kann man sich schnell einen „Wolf“ reiten.</u> Ein weit verbreiteter Irrtum besagt, daß Sattel bequemer sind, je breiter und je weicher sie sind. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Gelsättel können schnell matschig werden und das ist dann wie Fahrradfahren auf einem Pudding.<ref>[http://www.radreise-wiki.de/Sattel#F.C3.BCr_und_Wider_Gelsattel Radreise-Wiki: Sattel]</ref> Lediglich bei sehr kurzen Strecken ist sowas bequem.
 
* <u>Sattel sind oft zu weich, deshalb kann man sich schnell einen „Wolf“ reiten.</u> Ein weit verbreiteter Irrtum besagt, daß Sattel bequemer sind, je breiter und je weicher sie sind. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Gelsättel können schnell matschig werden und das ist dann wie Fahrradfahren auf einem Pudding.<ref>[http://www.radreise-wiki.de/Sattel#F.C3.BCr_und_Wider_Gelsattel Radreise-Wiki: Sattel]</ref> Lediglich bei sehr kurzen Strecken ist sowas bequem.

Version vom 30. Dezember 2012, 16:23 Uhr

Wundersattel

Wundersattel „EasySeat II“ ohne Nase, in der Breite verstellbar
Foto: Bernd Hutschenreuther, Lizenz: GFDL & CC-BY-SA
Wenn es nach den Herstellern der Wundersattel ginge, würden alle bisherigen bewährten Modelle zu Teufelszeug erklärt werden...

„Medizinische Sattel“, „Ergonomische Sattel“, „Nasenlose Sattel“, „Lochsattel“... usw.

Es gibt immer wieder Hersteller, die versprechen mit ihren Wundersatteln, daß mit denen alle Probleme beim Radfahren verschwinden. Da erscheinen mit schöner Regelmäßigkeit Sattel, die "ergonomisch" genannt werden, welche mit dicken Vertiefungen in der Mitte oder gar ohne Sattelnase. Glaubt nicht an solchen Werbeschmarrn! Da werden Märchen erzählt von Ärzten, die sowas verordnen oder die das Fahren mit normalen Satteln verbieten, da werden irgendwelche Studien vorgelegt, die irgendwas beweisen sollen. Die Praxis widerlegt das allerdings sehr schnell und glücklicherweise finden solche Produkte auch fast keine Käufer. Bewertungen in Internetforen sprechen eine klare Sprache, es lohnt, sowas mal zu ergooglen.

  • Sattel ohne Nase sind gefährlich, weil die Seitenführung fehlt. Man kann nicht mehr geradeaus fahren. Sowas ist nicht nur Menschenverdummung, solche Sattel gehören als lebensgefährlich eigentlich verboten[1]
  • In Kurvenfahrt ist Fliehkraft FF identisch mit der Zentripetalkraft FN, der Kraftangriffspunk S ist der Schwerpunkt des Systems Fahrrad + Radfahrer, welcher in Höhe des Sattels liegt. Fliehkraft und Zentripetalkraft wirken entgegengesetzt und erreichen bei einem Musterradfahrer bei 36 km/h und einem Kurvenradius von 20 Metern sowie der Masse des Fahrers von 80 kg ca. 400 N, was wiederum einer vergleichbaren Gewichtskraft von 40,8 kg entspricht.[2] Im Schwepunkt S greifen ebenfalls die rechts- und linksdrehenden Momente nach Bild 76 (s. Quelle) an. Eine Vertikalkraft von 400 N ist unmöglich alleiun durch Reibung aufzubringen, diese wird von der Sattelnase aufgenommen.
  • Der spezifische Druck steigt an, wenn Material in der Mitte fehlt (sogenannte „Lochsattel“). Je mehr Material in der Mitte fehlt, umso kleiner ist die Fläche des Allerwertesten, die die Gesamtmasse des Oberkörpers aufnehmen muß.[3]
  • Sattel sind oft zu weich, deshalb kann man sich schnell einen „Wolf“ reiten. Ein weit verbreiteter Irrtum besagt, daß Sattel bequemer sind, je breiter und je weicher sie sind. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Gelsättel können schnell matschig werden und das ist dann wie Fahrradfahren auf einem Pudding.[4] Lediglich bei sehr kurzen Strecken ist sowas bequem.
  • Brauchbar ist all sowas nur bei absolut aufrechter Sitzweise und völliger Entlastung des Lenkers, Fahrt ohne Kurven und Steigungen und sehr langsam - also quasi niemals.
  • Wer einen nasenlosen Sattel ausprobieren möchte, baut einfach mal seinen Sattel falschrum aufs Fahrrad, packe ein dickes Kissen drauf und versuche, damit zu fahren Moneyeyes.gif Da freut sich nur einer: der Hersteller dieses Unfugs
  • Lochsattel können in Ausnahmefällen sinnvoll sein, hier hilft nur Ausprobieren. Ein Allheilmittel sind sie jedoch nicht.
  • Kein seriöser Fahrradhändler verkauft solche nasenlosen Dinger, die von den Herstellern Sattel genannt werden. Der Fahrradgroßhandel hatte sie nie im Programm. Die werden schon wissen, warum.
  • Es verhält sich damit wie mit Wundermittelchen zur Kettenpflege, pannensicherer Bereifung bzw. Vollgummireifen und vielem anderen Unfug am Fahrrad:
Nichts weiter als ein Mythos, eine moderne Sage
...und trotzdem fallen immernoch Leute darauf herein...



  1. ADFC Bielefeld: „...verminderten Seitenführung durch die Oberschenkel, einem schwammigen Sitzgefühl gerade bei Kurvenfahrten und damit zu einer verminderten Verkehrssicherheit des Rades.“
  2. Michael Gressmann: Fahrradphysik und Biomechanik, 11. Auflage 2010 Verlag Delius Klasing, ISBN 978-3-7688-5222-7, Seiten 85ff
  3. Der Kern des Ledersattels
  4. Radreise-Wiki: Sattel