Radreisen

Aus Fahrradmonteur
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Das richtige Reiserad


Einzelanfertigung auf Basis Aluminium mit arettierbarer Federgabel

Echte Reiseäder sind Spezialanfertigungen, die auf den Transport der großen Lasten ausgelegt und dementsprechend großzügiger dimensioniert werden. Das bloße Umbauen eines handelsüblichen Fahrrades macht daraus kein Reiserad

Federungen an Rahmen und Gabel sind völlig ungeeignet, die Produktion von Federgabeln für Reiseräder wurde nach nur 2 Jahren Fertigung wegen mangelnder Nachfrage eingestellt. Gefederte Sattelstützen sind Geschmackssache. Der Rahmen sollte Ösen für 3 Flaschenhalter aufweisen. Das Tretlager sollte BSA sein, Gabeldurchmesser 1" (um auch in allen Regionen Ersatzteile zu bekommen).

Stabile Versionen von normalen Rädern können aber benutzt werden, wenn man sie nicht überfordert. Das Gesamtgewicht eines Reiserades darf nicht unterschätzt werden, bei Flugreisen werden die Kosten oft abhängig vom Gewicht berechnet. Es setzt sich aus folgenden (maximalen) Einzelwerten zusammen:

  • Eigengewicht des Rades mit allen Anbauteilen ab 15 kg
  • Last auf dem Gepäckträger hinten 25 kg
  • Last auf den Lowridern jeweils 12 kg
  • Last auf dem Gepäckträger vorne 5 kg
  • Lenkertasche 2,5 kg
  • Schlösser 3 kg
  • Werkzeug in kleinen Taschen extra 3 kg

Somit wiegt das Fahrrad ohne Fahrer schon mehr als 50 kg, was deutlich macht, welch hohe Belastungen schon im Stillstand auftreten. Diese Belastungen potenzieren sich während der Fahrt.

Man sollte auch beachten, daß das Rad noch tragbar bleibt, nicht jeder Bahnhof hat Fahrstühle und in einen Zug rein wird es auch schnell kompliziert, wenn das Rad zu schwer ist.

Neben Bekleidung und Lebensmitteln werden oft Schlafsack, Zelt, Isomatte, Kartenmaterial und Kameraausrüstung mitgeführt. Die Verwendung wasserdichter Packtaschen ist ratsam, erhöht das Gewicht aber ebenfalls.

Bei der Verwendung eines Anhängers kann man das schwerste Gepäck dort verstauen, was sich günstig auf das Fahrverhalten auswirkt. Das Gesamtgewicht von Fahrer, Fahrrad, Hänger und Gepäck sollte aber 150-170 kg nicht weit überschreiten.

Oft wird die Frage gestellt, ob man nicht auch aus einem Mountainbike ein Reiserad bauen kann. Theoretisch ist dies möglich - praktisch selten machbar. Man haut mit den Hacken ständig an die hinteren Packtaschen, ungefederte Modelle sind auch kaum noch zu bekommen.

Als Rahmenmaterial kommt eigentlich nur Stahl in Frage, weil jede kleine Schlosserei der Welt ein Schweißgerät hat. Alu-Schweißereien sucht man mit der Lupe erfolglos. Karbon und Titan sind de facto nicht reparabel, deshalb entfallen diese Materialien. Nun werden vernünftige Stahlrahmen aber immer teurer, kaum noch jemand stellt sie her. Deshalb wird mehr und mehr auch Aluminium genutzt und in Ermangelung guter Starrgabeln und Rahmengeometrien für starre Räder ist man mittlerweile auf Federgabeln angewiesen.



Fahrrad einstellen


Zur Maßbestimmung des Reiserades können die Methoden der Vermessung eines Rennrades in etwas abgewandelter Form angewandt werden:

  • Der Sattel wird waagerecht eingestellt und ist so hoch wie der Lenkerbügel in der Mitte.
  • Die Sattelspitze befindet sich lotrecht etwa 5 cm hinter der Tretlagerachse.
  • Hockt man sich neben das Rad und hat den Sattel in der Achselhöhle, soll man mit ausgestrecktem Arm mit dem Mittelfinger die Tretlagerachse erreichen.
  • Der Lenkervorbau wird so gewählt, daß man, wenn der Ellenbogen an der Sattelspitze ist, der Mittelfinger bis zum Lenkerbügel reicht.
  • Beim Sitzen auf dem Rad sollte man mit ausgestrecktem Bein mit dem Hacken das Pedal erreichen.

Diese Regeln gelten für normal gebaute Menschen, wenn man abweichend lange oder kurze Arme oder Beine hat, kann dies nur eine grobe Orientierung darstellen. Frauen haben vergleichsweise längere Beine und fahren deshalb lieber kürzer gebaute Rahmen.



Alternativen


Aus Kostengründen dienen nicht selten andere Fahrradtypen (zum Beispiel Rennrad, Tourenrad oder Trekkingrad) als Grundlage für Reiseräder und werden auf die Bedürfnisse des Reisenden angepasst. Derartige Räder können nicht so stark belastet werden wie echte Reiseräder, sind aber leichter. Die Ausführung mit einem langgestreckten Rennradrahmen und Rennlenker wird auch als Randonneur bezeichnet.

Mountainbikes sind nur geeignet, wenn sie sehr groß sind, weil der Fahrer beim Treten sonst mit den Fersen an die Packtaschen stößt. Es können nur ungefederte Mountainbikes sinnvoll zu Reiserädern umgebaut werden. Alternativ nimmt man spezielle Gepäckträger und Packtasche, die sehr weit hinten befestigt werden können.

Liegeräder sind wegen des niedrigen Schwerpunkts auch im beladenen Zustand sehr stabil. Je nach Modell íst die Gepäckmitnahme allerdings begrenzt. Allerdings gibt es spezielle Reiseliegeräder, die für große Lasten zugelassen sind. Bei Fahrten in entlegene Gebiete kann zudem die Ersatzteilbeschaffung mancher Komponenten (kleine Laufräder, Speziallenker) ein Problem sein.



Fahrradtaschen


beladenes Reiserad

Ein beliebtes und sehr nützliches Erkennungsmerkmal von Reiserädern sind Fahrradtaschen. Sie bieten genügend Stauraum für Kleidung, Getränke oder auch Werkzeug, welches bei einer Radreise unbedingt mit ins Gepäck gehört. Zudem sind sie einfach anzubringen. Fahrradtaschen kann man aber natürlich auch an jedes andere normale Rad dranhängen.

Es gibt die Billigmodelle, die ähnlich wie eine satteltasche beim Pferd über den Gepäckträger geworfen werden, ähnlich labberig sind sie auch. Die sehen nur so lange gut aus, wie die Versteifungspappe in der Verpackung enthalten ist. Man kann sie nicht sinnvoll gebrauchen und sie sind unter Umständen auch gefährlich, wenn sie nämlich in die Speichen gelangen können.

Besser sind Packtaschen aus LKW- Plane, wie sie von Ortlieb, Mainstream, Abus oder anderen Herstellern angeboten werden. Ortlieb ist der Vorreiter dieser Taschen, die als fast unkaputtbar gelten. Allerdings haben diese Fahrradtaschen auch ihren Preis, knapp 100 Euro für ein Pärchen ist normal.

Die Packtaschen sind wasserdicht und somit auch schwimmfähig, die einzige nicht dichte Tasche ist die Lenkertasche, welche nur ein Druckknopfsystem hat.



Bremsen


wäre technisch gut einsetzbar, Rennbremsen sind aber fast immer zu klein für Reifen an Reiserädern

Das Wichtigste neben einem stabilen Rahmen sind sinnvolle und starke Bremsen. Sie müssen weit höhere Leistung bringen als an Rennrad oder Mountainbike. Rennbremsen wären eine gute Lösung fürs Reiserad, wenn das Rahmengeometrie und Reifendimensionierung zulassen.

Servobremse nach Prinzip Pedersen von Suntour

Die beste Lösung sind gute Cantileverbremsen. Die auf dem Foto dargestellten Servobremsen mit Schneckengetriebe erhöhen die Bremskraft beim Auftreffen auf die Felge stufenlos. Diese sind leider nicht mehr lieferbar, aber die mit Abstand beste Lösung für Reiseräder. Alternativ empfehle ich Shimano XT oder Campagnolo Euclid.

V-Brakes sind ebenfalls geeignet, hydraulische Bremsen sind unterwegs quasi nicht reparabel, auch ist die Ersatzteilbeschaffung in entlegenen Gegenden problematisch.

Von Scheibenbremsen rate ich völlig ab, da sie eigentlich nur Nachteile bringen. Mechanische Scheibenbremsen haben viel zu geringe Bremsleistung, hydraulische sind zudem zu empfindlich, Ersatzteile sind mancherorts schwer beschaffbar und sie sind unnötig schwer. Unterwegs reparieren kann man völlig vergessen.

Rollen- oder Trommelbremsen sowie Rücktritt sind ungeeignet, weil sie sich zu sehr aufheizen. Rücktritt ist veraltet und unsicher, das sollte man an keinem Fahrradtyp mehr verwenden.

Auf jeden Fall sollten Verschleißteile wie Bowdenzüge und Bremsschuhe, ein Stückchen Außenzug und zwei Lüsterklemmen für eine Notreparatur mitgenommen werden...



Sattel


Brooks Team Professional

Bis auf wenige Ausnahmen wird man an Reiserädern ausschließlich Kernledersattel sehen, weil nur diese sehr lange Fahrten erlauben. Natürlich kommen Leute auch mit weniger schweren und teuren Satteln klar, aber das ist eher die Ausnahme.

Immer wieder hört man Legenden über angebliche Wundersattel, die alle Probleme lösen, selbst solche, die überhaupt nicht existieren.

Wichtig ist eine richtige Sattelpflege, damit das gute Stück auch erhalten bleibt. Wenn du mit deinem Sattel klarkommst, solltest du auch nichts ändern, nur weil "man" ja heutzutage XYZ benutzt...

Ein weicher Sattel ist nur für 15 bis 30 Minuten bequem[1], je weiter man fährt, umso härter muß der Sattel sein[2]



Schaltung


Nabenschaltungen kommen auch mit viel Schnee und Kälte klar

Praktisch am Reiserad ist eine Nabenschaltung. Aber diese sind oft teurer als Kettenschaltungen und haben unberechtigterweise noch immer bei Manchem das Image der Omafietse, der Hollandfahrräder. Dabei gibt es dafür keinen plausiblen Grund mehr, die Naben sind einfach praktischer als Kettenschaltungen.

Aber auch Kettenschaltungen haben ihre Daseinsberechtigung, sie verschleißen nur schneller, man wechselt ständig Kette, Zahnkränze und Kettenblätter. Schmutz- und kälteempfindlich ist sie auch noch, allerdings kann eine Kettenschaltung konkurrenzlos billig sein. Billigkette und SIS-Schaltwerk kommen auf etwa 15 Euro, wenn die kaputt sind, kann man ohne Trauer was Neues kaufen. Die Entscheidung ist letztlich eine Geschmackssache.