Fahrradzeichnung Leonardo da Vinci: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Fahrrad''' ist eine Zeichnung auf der Rückseite eines Skizzenblattes von [[Leonardo da Vinci]], die ihm 1974 zugeschrieben wurde. Dadurch wäre da Vinci der Erfinder des [[Fahrrad]]s gewesen, auch wenn früh Zweifel an der Zuschreibung aufkamen. Heutzutage gilt die Skizze bei der Mehrheit der Forscher als Fälschung.
 
Das '''Fahrrad''' ist eine Zeichnung auf der Rückseite eines Skizzenblattes von [[Leonardo da Vinci]], die ihm 1974 zugeschrieben wurde. Dadurch wäre da Vinci der Erfinder des [[Fahrrad]]s gewesen, auch wenn früh Zweifel an der Zuschreibung aufkamen. Heutzutage gilt die Skizze bei der Mehrheit der Forscher als Fälschung.
  

Version vom 11. März 2012, 19:52 Uhr

Skizze des Fahrrads
Urheber: umstritten
Urheberrechtlich geschütztes Werk; eingebunden als Bildzitat nach § 51 des deutschen Urheberrechtsgesetzes

Das Fahrrad ist eine Zeichnung auf der Rückseite eines Skizzenblattes von Leonardo da Vinci, die ihm 1974 zugeschrieben wurde. Dadurch wäre da Vinci der Erfinder des Fahrrads gewesen, auch wenn früh Zweifel an der Zuschreibung aufkamen. Heutzutage gilt die Skizze bei der Mehrheit der Forscher als Fälschung.

Fundgeschichte

Die Skizze wurde 1974 in da Vincis Codex Atlanticus gefunden, einer im 16. Jahrhundert zusammengestellten Sammlung von losen Blättern da Vincis. Sie fand sich dort auf der Rückseite eines Manuskripts von da Vinci. Eine Gruppe von Mönchen unter Leitung des Lexikographen Augusto Marinoni schloss zu der Zeit eine Restaurierung des Codex ab und präsentierte in dem Zuge den Fund der Zeichnung eines fahrradähnlichen Gefährts.

Beschreibung

Die Zeichnung wird mit dem Rest des Codex in der Biblioteca Ambrosiana in Mailand aufbewahrt.

Die Zeichnung in brauner Kreide zeigt ein Gefährt mit zwei Rädern. Bei beiden sind je acht Speichen dargestellt. Es verfügt über Gabeln, Pedale, eine Kette, starre Lenkstange und einen Sattel. Durch die starre Lenkstange scheint eine Lenkung unmöglich.[1]

Technische Einschätzung

Auf der Skizze sind alle Elemente enthalten, die heute als wichtig für ein Fahrrad empfunden werden. Allerdings macht die Skizze den Eindruck, daß sie von jemandem angefertigt wurde, der sich mit der Funktionsweise eines Fahrrades nur ungenügend auskennt. Selbst zu Lebzeiten von da Vinci waren physikalische und vor allem geometrische Gesetze bekannt, die das dargestellte Gefährt ohne Not einfach nicht einhält. Es ist äußerst unglaubwürdig, daß der exzellente Mathematiker da Vinci, der tiefgehende Kenntnisse in Geometrie hatte, solche Anfängerfehler begangen hätte.

Rahmen

Daß Dreiecke Stabilität bewirken, war da Vinci bekannt. Die hier angedeutete Rahmenform ist jedoch so labil, daß sie selbst mit modernsten Baustoffen heute kaum realisierbar wäre. Es ist nicht erklärlich, warum dieser Entwurf unlenkbar gezeichnet wurde. Lenkungen an Kutschen waren schon sehr lange bekannt, eine Adaption des Vierradsystema auf zwei Räder wäre denk- und sogar baubar gewesen. Eine schlichte Verlängerung des Vorbaus in Richtung Tretlager hätte einen Rahmen geschaffen, der lenkbar wäre und im Prinzip heutigen Damenrahmen ähneln würde. Es ist unwahrscheinlich, daß dies dem Genie da Vinci nicht aufgefallen wäre.

Kette und Antrieb

Leonardo da Vinci hat mehrmals in Skizzen so etwas wie Blockketten angedeutet. So ungenau diese Skizze auch ist, auf ihr werden keine Elemente einer Blockkette dargestellt, es ist vielmehr eine der heute üblichen Fahrradketten erkennbar, deren Bauart aber erst lange nach da Vinci erfunden wurde. Während bei Kettenblatt und Zahnkranz Zähne angedeutet sind, sogar über den gesamten Durchmesser, ist bei der "Kette" nichts dergleichen zu erkennen. Theoretisch könnte das ein gedeckter Zahnriemenantrieb sein, das ist jedoch noch viel unwahrscheinlicher als das Ganze ohnehin schon ist. Gummi war damals in Europa noch nicht bekannt. Der Kettenverlauf entspricht auch dem, was man in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts als üblich am Fahrrad empfand, also nach hinten verjüngt. Dafür ist der Zahnkranz aber einfach viel zu groß.

Laufräder

Die Speichen im Vorderrad entsprechen der damals vorherrschenden Bauweise mit Holzspeichen an Wagenrädern, auf Zug belastete Metallspeichen kannte man noch nicht. Die Felgen sind jedoch viel zu dünn dargestellt, eine Verbindung zwischen Speichen und Felge hätten nicht ordentlich ausgeführt werden können. An beiden Rädern ist ein Metallreifen angedeutet, dies ist wiederum glaubhaft. Die Dimensionierung der Felgen ist jedoch nicht ausreichend, um Stahlfelgen sicher befestigen zu können. Beim Hinterrad sind zudem die Speichen viel zu dünn dargestellt.

Tretlager

Die Pedalarme sind viel zu lang, sie würden undrehbar sein, weil der Boden im Weg ist. Die winklige Anordnung ist unklar, sie scheint einem Piktogramm des 20. Jahrhunderts entnommen zu sein.

Wirkung

Das Fahrrad wurde aufgrund der von da Vinci abweichenden Zeichnungsart schnell seinem Schüler Francesco Melzi zugeschrieben. Beispielsweise übernahm der Spiegel 1974 diese These.[2]

Der Skizze entsprechender Nachbau

Das Fahrrad ist häufig nachgebaut worden, unter anderem von dem Modellbauer Giovanni Sacchi.

1993 verfasste der mexikanische Autor Paco Ignacio Taibo II den Roman La bicicleta de Leonardo (Das Fahrrad des Leonardo da Vinci),[3] für den er 1994 den Preis Premio Hammett erhielt.

Nachweis der Fälschung

Mittlerweile gilt als anerkannt, dass es sich bei der Zeichnung um eine Fälschung handelt. So wurde der die Zeichnung enthaltende Codex bereits in den 1960er Jahren von Carlo Pedretti durchgesehen, dabei aber nichts von einer Zeichnung eines Fahrrades erwähnt.

Im Rahmen der Internationalen Fahrradgeschichtekonferenz an der Glasgow School of Art 1997 wies der Da-Vinci-Forscher Hans-Erhard Lessing diesen Sachverhalt nach[4] und nahm an, dass eine von Leonardo gezeichnete Brunneneimerkette die Fälschung inspiriert habe.[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://leo.skyar.com/fahrrad.htm
  2. Nur selten kehre ich zurück. In: Der Spiegel vom 14. Oktober 1974, Ausgabe 42/1974.
  3. Das Fahrrad des Leonardo da Vinci von Paco Ignacio Taibo II (Broschiert - Juli 1999) dt. von J. Alberts; Berlin: Eisbär 1997, ISBN 3-930057-15-8.
  4. Hans-Erhard Lessing: The Leonardo da Vinci Bicycle Hoax. In: Cycle Publishing, 1997.
  5. Falsches Fahrrad in der Pinakothek. In: Der Spiegel vom 21. September 2002, Ausgabe 39/2002.